Album der Woche: Coldplay - Ghost Stories

Auch wenn die Musik auf "Ghost Stories" voller Schwermut ist, vertrauen Coldplay in jedem Moment des Albums auf ihr Ass im Ärmel: Chris Martin.

So sehr sich die Musik von Coldplay über die Jahre auch gewandelt hat, eines bleibt bestehen – wie ein Fels in der Charts-Brandung: die Stimme von Chris Martin. Seine Melodien, seine Art zu singen und natürlich seine Worte. Um ihn herum entwerfen Coldplay Musik voll leichter Elektronik, deren Schwermut sich auf den Hörer nieder legt und eine neue Seite der Briten zeigt: Die nachdenkliche Melancholie, derer sich die einsamen Herzen bedienen, wenn alle Liebe verloren scheint.

 

Die Lieder auf "Ghost Stories" werden von Beats wie Herzschlägen getragen, von Streichern wie ein warmer Windhauch im kältesten Winter und von Synthesizern, die den Raum zwischen Gitarren, Bass und Schlagzeug füllen, und doch Platz lassen für 20 weitere Musiker. So klingt "Ghost Stories" beim ersten Durchlauf auf seltsame Weise leer, obwohl der Soundteppich dichter gestrickt ist als auf früheren Alben. Neu sind aber die in sich ruhenden Moll-Akkorde, die weder Musik noch Hörer antreiben, sondern in kaum merklichen Vibrationen auf der Stelle verharren. Das zauberhafte "Ink" ist mit einer Melodie ausgestattet, die knistert wie ein Lagerfeuer an einem kalten Winterabend, vor dem ein Mann still in sich hinein fleht: "All I know, is that I love you so, so much that it hurts." Dass Chris Martin in diesen Zeilen die Trennung von seiner Frau zu verarbeiten versucht, liegt nah. Der Höhepunkt dieser Offenbarung ist das zarte "Oceans", das so selbstverständlich existiert wie die Sterne am Himmel und mit seiner Ruhe den Hörer auf den Grund von Chris Martins Befindlichkeit zieht.

Apropos Sterne am Himmel: Die einzige Ausnahme des musikalischen Gesamtbildes auf "Ghost Stories" bildet die zweite Single "A Sky Full Of Stars". Beats, Klavier und Attitüde klingen nicht nur stark nach dem Party-Pop-Raver Aviici, sie wurde auch von ihm produziert. Allein für sich genommen mag dieser Song eine potentielle Hitsingle mit Elektro-Mega-Bombast sein, die jedes Fest zum Explodieren bringt. "Ghost Stories" hingegen braucht dieses Lied so wenig wie die Dinosaurier den apokalyptischen Asteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren.

Versöhnlich wird es dann mit dem letzten Song auf "Ghost Stories". Mit "O" entschwinden Coldplay auf leisen Schwingen in die Nacht. Sie hinterlassen acht zu Eiskristallen gewordene Songs, ein geisterhaftes Bonuslied und einen Brechstangen-Elektro-Pop-Song.

Schlagwörter: Album der Woche , Coldplay

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