Album der Woche: Watsky - Cardboard Castles
Pack die Badehose und das Grillgut ein und vergiss das kühle Bier nicht! Am Strand angekommen, wissen Surfer die Wellen unter ihrem Board und den blauen Himmel über sich. Es passt einfach alles, und dann kommt Watsky auch noch mit einem Hip-Hop-Album inklusive Jack-Johnson-Lagerfeuerfeeling vorbei. Ich habe den Sonnenhut schon auf, und Ihr?
George Watsky wirkt viel zu brav, um im harten Rap-Biz, der Ellenbogen-Subkultur schlechthin, bestehen zu können. Dort, wo es mehr um Statussymbole als um freundschaftliches Miteinander geht, wirkt Watsky mit seinem narbenlosen Gesicht und mit dem schmächtigen, in Second-Hand-Klamotten gekleideten Körper wie ein Außenseiter, dem die harten Jungs das Pausengeld klauen. Am liebsten möchte man ihm entgegenrufen: "Hey George, stemme Gewichte, lass dich anschießen, kauf dir ein Armani-Outfit und tausche dein Fahrrad gegen ein SUV!" Aber das machen wir nicht, denn Watsky braucht das alles gar nicht. Er hat eine scharfe Zunge und obendrein die Fähigkeit, seine Wortfolgen in variabler Geschwindigkeit durchs Mic zu schicken. Ob in Hängenmatten-Entspannung oder Warp-Geschwindkeit: Watsky hat seinen Flow immer unter Kontrolle.
Der erste Song "Fireworks" liegt noch etwas quer im Ohr, bevor mit "Strong As An Oak" der erste Sommerhit des Albums folgt, der wie kaum ein anderer für laue Sommerabende steht. Entspannt geht es mit Bläsern und Streichern ("Moral Of the Story") und mit Synthesizern ("Ugly Faces") weiter. Zwei Songs, die sich ohne Umschweife beim Hörer für die Aufmerksamkeit bedanken und sich im Gehörgang richtig einschleifen. Der vorläufige Höhepunkt des Albums folgt mit "Kill A Hipster", das wie Kanye West im Karibikurlaub klingt.
Nach dem vierten oder fünften Bier schweift der Blick sehnsüchtig und nachdenklich über den Ozean Richtung Horizont. Zeit für Watsky, den Gang rauszunehmen und mit "Hey, Asshole" und "Tiny Glowing Screens" seine ruhige Seite zu zeigen, die jedoch nicht weniger eingänglich ist. Der Rest des Albums lässt den Abend am Meer entspannt ausklingen. Das Lagerfeuer prasselt, Freunde liegen sich in den Armen. Die Stimmung bleibt launig, wenn auch etwas melancholisch. Kurz bevor das Album endet, bringt Watsky mit "Send In The Sun" ein Lied, das sich anfühlt wie nächtliches Nackbaden mit auf der Wasseroberfläche glitzerndem Mond. Die Orgel zieht einsam ihre Kreise und verschwindet in den Schatten der Nacht.
Für den vielleicht schnellsten Rapper der Welt ist "Cardboard Castles" ein erstaunlich entspanntes Album. Klavier, Streicher und Bläser weisen den Weg zum kommerziellen Erfolg. Klar, auch Watsky will nicht ewig mit dem Stempel "Youtube-Phänomen" rappen. Hier kommt ihm sein ausgeprägtes Gespür für poppigen Hip Hop zugute, den er nicht unnötig mit ausgefallenen Beat-Konstruktionen verkompliziert. Mit zahlreichen harmonischen Songs gelingt ihm ein erstaunlich rundes Pop-Album, das den Sommer auf die entspannteste Art und Weise auf Platte bannt. Jetzt aber genug gelesen, nicht dass das Bier noch warm wird. Los geht’s, Ghettoblaster aufdrehen und Watsky über den Strand schallen lassen!
Verlosung
Wir verlosen zwei Exemplare von "Cardboard Castles" unter allen, die bis zum 16.06. (23:59 Uhr) eine E-Mail mit dem Betreff "WATSKY" an [email protected] schicken.