Album der Woche: Miles Kane - Don't Forget Who You Are
Guter alter Britpop, was hast Du nur hinter dir. Mit Paul Weller fing alles an, bevor unzählige Bands viele tolle Alben veröffentlichten. Dazu kam der mediale Hype und die berühmt-berüchtigten Showkämpfe zwischen Oasis und Blur. Danach wurde es ruhiger - bis jetzt, bis Miles Kane dem Britpop zu einem krachenden Comeback verhilft.
Wie ein angeschlagener Boxer, der in seiner Ecke auf das Ende des Kampfes wartet, lauerte der Britpop auf eine neue Chance. Das Publikum hatte ihn bereits abgeschrieben, doch dann erklingt der Gong zur letzten Runde. Ein letztes Aufbäumen. Die Deckung wird fallengelassen und alle Kraft in den finalen Schwinger gelegt. Der Kinnhaken sitzt. Miles Kanes Album sitzt. Was für ein Comeback für ein ganzes Genre!
Das britische Lebensgefühl klingt durch die Gitarrenakkorde. Hier ein frisch gezapftes Pint, dort Fußballfan-Gesänge, zum Frühstück Würstchen und später eine Runde Dart im Pub nebenan. Miles Kane bedient diese Stereotypen mit seiner Musik auf wundervoll sympathische Art. Die Heilung des Britpop beginnt mit "Taking Over", einer verzerrt stampfenden Rhythmus-Keule, die sich in unvergleichlicher Weise im Refrain öffnet und dem Hörer zuruft: "Wir wollen eine gute Zeit haben, hier und jetzt!" Die folgenden "Don't Forget Who You Are" und "Better Than That" heben das Album auf ein Niveau, das der Britpop lange nicht mehr erreicht hat. Es folgt die obligatorische Ballade, die akustisch von Gitarre und Klavier begleitet wird und bei der man sich sogar in den eigenen vier Wänden genötigt fühlt, ein Feuerzeug im Takt zu wiegen. Schlag auf Schlag geht es weiter mit zwei Hits, wie sie im Buche stehen: "Bombshells" und "Tonight". Schließlich befördert der siebte Song den Hörer direkt auf das Boot des Films "Radio Rock Revolution", denn "What Condition Am I In" lässt auch den letzten Muffel zum Mutterland des Britpop aufblicken.
Kurz vor dem Ende spielt sich Miles Kane mit "Give Up" in einen verzerrten Rausch aus rockenden Gitarren, die dem Hörer die besten AC/DC-Posen entlocken. Aber Vorsicht, bevor die Windmill vorgeführt wird, sollte man unbedingt prüfen, ob die Fußgängerzone oder der Spiegel als Gast geladen sind.
Beinahe zwanzig Jahre ist es her, dass der Britpop auszog, um die Herzen einer ganzen Generation zu eroberne. Fans, die in den letzten Jahren zwar viele tolle Bands aus dem Vereinigten Königreich hören durften, aber eben keine, der es gelang, den Spirit von Liedern wie Beautiful Ones, Charmless Man, Caught By The Fuzz oder Don't Look Back in Anger auf Platte zu bannen. Miles Kane schafft das mit "Don't Forget Who You Are" scheinbar mühelos. Er ist zwar kein Unbekannter, hat er doch mit den Rascals und vor allem mit den Last Shadow Puppets zahlreiche Erfolge verbuchen und Erfahrungen sammeln können. Doch dass dieses Kunststück aber ausgerechnet ihm gelingt und nicht zum Beispiel Beady Eye, deren neue Platte sich bewusst vom Britpop entfernt, kommt dennoch überraschend. (Auch wenn "BE" natürlich ein ebenfalls mehr als hörenswertes Album ist!) Aber hey: Unverhofft kommt oft und umso größer klingt es dann. Und groß ist dieses Album! Bei Gott, es reicht bis in die Wolken und mit jedem weiteren Ohr, das sich diesen Liedern öffnet, noch höher.
Während es sich Coldplay im Radioformat gemütlich eingerichtet haben, die Arctic Monkeys - in die Wüste entschwunden - stärker zum Rock tendieren, Noel Gallagher das Oasis-Erbe verwaltet und sein Bruder Liam sich mit Beady Eye von dieser Last befreit, trifft Miles Kane genau den Nerv einer Zeit, deren Großtaten fast in Vergessenheit geraten sind. "Don't Forget Who You Are" ist das lang ersehnte Album, das mit seinen elf Liedern den Beweis liefert, dass dieses Genre verdammt nochmal am Leben ist. Bleibt nur noch zu sagen: Lieber Britpop, Just
Live Forever, Lucky Man.
Verlosung
Wir verlosen zwei Exemplare von "Don't Forget Who You Are" unter allen, die bis zum 09.06. (23:59 Uhr) eine Mail mit dem Betreff "BRITPOP" an [email protected] schreiben.