Album der Woche: Haim - Days Are Gone
Dass große Musik entsteht, wird immer dann deutlich, wenn Kritiker bereits vor dem ersten Album zu Fans werden. Selbiges passiert gerade mit Haim, die nach vielen Monaten auf Tour und im Studio ihr erstes Album veröffentlichen. So viel sei verraten: Diese drei Frauen haben das Potential, durch die Decke zu gehen.
Woher wir das wissen? Ganz einfach: Die Musik auf "Days Are Gone" ist der perfekte Hybrid aus dem Charme des Indies und der Eingänigkeit des Pops. Die Lieder passen nicht nur perfekt ins Radio während des Familienausflugs, in das Wohnzimmer von Studenten, sondern auch auch auf die Smartphones der Schüler. Haim vereinen dabei den Anspruch, von Boulevard wie Feuilleton gefeiert zu werden. Dies scheint zunächst unmöglich und klingt auf "Days Are Gone" doch so locker, dass es dem Schreiber die Tränen in die Augen treibt vor Freude. Schon der erste Track "Falling" zeigt das deutlich.
Der Song erinnert an die allerbesten Momente von Phoenix (Video) und geht doch drei Schritte weiter Richtung großzügiger Pop-Produktion, als die Franzosen sich das je getraut haben. Das ist so mutig wie einzigartig. Verwundert ist der Schreiber, dass eine solche Musik noch nicht früher geschrieben wurde, ist sie doch die einzig logische Konsequenz aus 50 Jahren Popmusik.
Das zweite Lied "Forever" schlägt ähnliche Töne an wie das erste und belegt, dass „Falling“ weder ein Zufall war, noch isoliert zu betrachten ist. Wer jetzt aber glaubt, die Masche von Haim erkannt zu haben und voreilig auf Schema F schließt, der wird bereits beim dritten Lied "The Wire" überrascht. Die ersten Takte fahren in bester AC/DC-Manier auf der Harley in das Lied, ehe der Gesang und später der Refrain ein Wunder von einem Popsong offenbaren. Aber seht und hört selbst.
"Days Are Gone" nimmt jetzt richtig Fahrt auf. "If I Could Change Your Mind", "Don't Save Me" und all die anderen Lieder sind beschwingt und zielstrebig. Mit jedem Durchlauf wird so ein anderes Lied zum Liebling erkoren, bis es schließlich schwer fällt, sich für eines zu entscheiden, und das ganze Album in Dauerrotation gehalten wird. Schwerer noch fällt es zu glauben, dass "Days Are Gone" das Debütalbum von Haim sein soll. Ist es aber und das ist neben der fantastischen Musik, die darauf zu hören ist, ein deutlicher Hinweis, dass diese drei Frauen eine rosige Zukunft vor sich haben und, nun ja, durch die Decke gehen sollte und hoffentlich auch werden.