Album der Woche: Trümmer - Trümmer

08-21_TRUEMMER

Das "Coming Of Age" Album des Jahres gelingt der Band Trümmer, die die Revolte aus vollem Herzen lebt und mit klarem Verstand hinterfragt.

Pop-Gesten und Punk-Attitüde treffen auf Denker-Posen und abgewetzte Jeansjacken, die schon von der letzten Revolutionsgeneration getragen wurden. Irgendwo zwischen diesen Merkmalen treffen die Lieder der Band Trümmer ins Schwarze der Nacht. Zwischen Blumfelds Verstärker, dem weißen Tocotronic Album und leichtem Anflug von Post Punk finden sich Trümmer in einer Welt wieder, in der an jeder Straßenecken eine Mauer zu stehen scheint, die nieder gerissen werden muss. Trümmer verzichten dabei auf Pflastersteine und Molotowcocktails und nutzen die Kraft der Feder über die des Schwertes.  

 

"Wo ist die Euphorie" lebt von einer Gitarre, die nicht zufällig an die Band Interpol erinnert. Passt der Hall-getränkte, leicht verzerrte Sound, doch perfekt zu Zeilen wie "Ich hab es satt, nichts passiert in dieser Stadt / Ich bin rastlos und spür', dass ich nicht dazugehör". "Saboteur" lebt von rumpelnden Gitarren und den eigenen Dämonen, derer man nicht Herr wird. Im Zentrum stehen aber Songs deren Klang gerade nur so sanft ist, dass deren raue Oberfläche spürbar bleibt. Im Grunde findet ein popkultureller Exkurs des Punk in Richtung Feuilleton satt. Was sich hier hochtrabend liest, hört sich fast schon leicht an, wären die Texte nicht düster: "Die besten Entschlüssen fasse ich mitten in der Nacht / Wenn ich alles vergessen / was mich sonst so schläfrig macht."
Die große Gefahr an einem Coming Of Age Album besteht darin, dass seicht über Themen wie Liebe und Tod schwadroniert wird. Bei Trümmer kommt nur in Nebensätzen vor. Viel mehr richtet Trümmer den Fokus auf die Hinterfragung des eigenen Selbst. So wird aus einem Song, der mit dem Namen "Revolte" eigentlich vom Begehren nach politischem Umsturz kündet, ein Suchen und Finden der eigenen Passion. Ähnliche Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch dieses wundervolle Debütalbum: "If you want to fight the system, you have to fight yourself", lautet der einzige englische Satz.
Trümmer stehen in einer Linie mit anderen deutschsprachigen Bands wie "Die Nerven", "Messer", "Ja, Panik" oder Fotos, sind aber zugänglicher als die hier aufgezählten. Ob das gut oder schlecht ist, liegt im Auge des Betrachters. Auf jeden Fall gelingt Trümmer ein fantastisches Album das all jenen ein Begleiter ist, die tiefer gehen wollen, als eine popkulturell geglättete Oberfläche es zulässt. Aber Vorsicht, auch bei Trümmer warten einige Tücken auf den Hörer.

Schlagwörter: Album der Woche

Verwandter Inhalt

comments powered by Disqus