Album der Woche: Helge Schneider - Sommer, Sonne, Kaktus!

Vorsicht: Der folgende Text ist kein Scherz. Helge Schneider is back mit Sommer-Super-Hit-Single, neuem Album und sogar einem Kinofilm. Alle Achtung, das ist eine Menge Holz, selbst für Helge.

Aber wer Helge kennt, weiß: Er kleckert nicht, er klotzt. Wo andere Häppchen servieren, verteilt er den Unsinn batzenweise. Feststeht: Dieser Sommer wird helgetastisch.

Man sagt, dass das Album trotz des Titels ganzjährig hörbar sei. Nach dem ersten Durchlauf kann man dieser gewagten These durchaus zustimmen. In knapp über 50 Minuten bekommt der Hörer eine geballte Ladung Helge Schneider und sein gesamtes Repertoire an Nonsens wie grünen Glibber-Schleim über den Kopf gegossen. Während manche das lustig finden und bei solchen Attacken Tränen lachen oder sich die Schenkel wund klopfen, soll es andere geben, die sich verwundert das Haupthaar reiben. Ich schüttele meines, bestelle mir eine Portion Reis mit Käsebrot und beehre die Playtaste mit einer erneuten Betätigung.

 

Klar, der erste Track "Sommer, Sonne, Kaktus!" ist für den deutschen Sommer das, was Bud Spencer und Terence Hill für eine Bande übelriechender Gossenganoven sind. Wer jetzt an eine Faust auf dem Kopf, verdrehte Augen und ein lautes "Klatsch" denkt, liegt gar nicht so falsch. Helge darf das, genau wie das unterirdisch miese Gangnam-Style-Cover, das vermutlich gar nicht so gemeint ist, wie es klingt. Ha! "Offenes Hemd" besticht hingegen mit besonderer Ernsthaftigkeit. Hier besingt der Meister seine Jutta, die er zum Knutschen mit nach Hause nimmt. Helge Schneider reflektiert dabei die tief empfundenen Emotionen einer verletzten Seele. Kurz nachdem der Wind seine Pickel streichelt, knutscht er erst eine andere Dame und verliert dabei Jutta. Das trifft ihn hart, will er doch nichts mehr als sein Juttilein, die am Ende des Liedes in seinen Schuhen wohnt. Klingt seltsam? Stimmt! Aber vielleicht muss man das rein metaphorisch anders deuten. 

Beim Singen des Klassikers "Mr. Bojangles" kombiniert Helge Schneider die englische Sprache mit einem Mund voller Spucke. Seine Neuinterpretation von "Somewhere Over The Rainbow" ist (fast) eine zarte Hommage an das Original, die in (fast) perfektem Englisch intoniert ist und von zupfenden Gitarren in den Schatten eines überdimensionalen Sombrerohuts gezogen wird. Aus einem der Jazzstandards des letzten Jahrhunderts, "Love For Sale", zaubert der Meister ein unwiderstehliches Kleinod, das wie der Titeltrack zu einem James-Bond-Film klingt, der noch nicht gedreht wurde. Dass der Text aus Sicht einer Prostituierten geschrieben wurde, kommt Helge nur entgegen. Wenn du mich jetzt fragst, warum ihm das entgegenkommt, kontere ich mit der Frage: Was soll die Frage? Hey, das hier ist Helge. Da werden keine Fragen gestellt!

"Sommer, Sonne, Kaktus" ist genialer Nonsens, wie er von Helge Schneider zu erwarten war. Darüber hinaus ist es aber auch ein hochinteressantes Album voll stacheliger Musikalität und bewegt sich zwischen spanischen Gitarren-Eskapaden und jazzigen Eruptionen. In erster Linie bleibt Helge, was er ist: simply Helge, der Klamauk-Professor himself. So, und jetzt play ich erstmal Federball on se beach. Wer kommt mit?

Schlagwörter: Album der Woche , Helge Schneider

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